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Spanien - Teneriffa: Frühling für immer

Die Kanarischen Inseln sind ein Schmelztiegel der Nationen. Das gilt auch für Teneriffa, eine der spanischen Lieblingsinseln der Deutschen - spätestens seit Alexander von Humboldt (1769-1859) davon schwärmte. Der eitle Deutsche war einer der ersten »Touristen« auf Teneriffa, auch wenn er offiziell als Naturforscher »firmierte«. Ganz uneitel beschreibt Daniel A. Kempken seine liebste unter den kanarischen Inseln. Er ist von Anfang an ein gern gelesener Gast auf Globalscout und lässt uns hier an seinem siebten »Schlaglicht« zu Teneriffa teilnehmen.


Die bekannten landschaftlichen Highlights befinden sich entweder im grünen Norden oder in der Mitte der Insel. Doch auch im trockenen Süden gibt es nicht nur die glitzernden Urlaubszentren; es gibt kilometerlange Bananenplantagen, das Surfer-Paradies El Médano, rätselhafte Pyramiden bei Güímar, die schicke Basilika von Candelaria, außergewöhnliche Wanderungen und noch ein paar Dinge mehr, die es zu erkunden lohnt.

Regenbogen im Süden von Teneriffa.

Regenbogen im Süden von Teneriffa

Der beliebte Wanderweg in den Barranco del Infierno oberhalb des Städtchens Adeje ist wieder geöffnet. Da es nur wenig Schatten gibt, ist es bei schönem Wetter in der »Höllenschlucht« auch höllenmäßig heiß. Viel Wasser und Sonnencreme sind angesagt. Ansonsten ist die etwa dreistündige Wanderung nicht schwierig, und der Schweiß wird mit schönen Gebirgspanoramen bis hinunter an die Küste und am Schluss des Weges mit einem (in der regnerischeren Winterzeit beeindruckenden) Wasserfall belohnt. Da der Zugang auf 200 Personen am Tag begrenzt ist, sollte man sich vor der Wanderung im Internet anmelden.

Auch westlich von Playa de las Américas und Costa Adeje wird die Küste mit Hotelanlagen verschiedenster Couleur verziert. Das früher einmal lauschige Fischerdorf La Caleta ist mittlerweile hoffnungslos vom Massentourismus eingekesselt. Wenn man die Straße entlangfährt, findet man es zwischen all den Hotel- und Apartmentanlagen kaum noch. Doch es lohnt sich, einmal zu der hübschen Bucht mit den übers Meer gebauten Lokalen hinunterzugehen. Ich hab’ dort sogar noch einen Fischer entdeckt – hab’ ihn sogleich an seiner Angel erkannt.

 

Nomen est Omen – die Felsen von Los Gigantes

Auf dem Weg zum noch weiter nordwestlich gelegenen Puerto de Santiago ist man plötzlich in einem anderen Film, im Bananen-Film. Nur noch hier und da steht ein vereinzeltes Hotel.

Nomen est Omen – Die gigantischen Felsen von Los Gigantes.

Los Gigantes - der Name spricht für das Programm.

Paisaje Lunar – Wirklich ein bisschen wie auf dem Mond.

Paisaje Lunar – Wirklich ein bisschen wie auf dem Mond

 

Zwischen kilometerlangen Plantagen, die rechts und links der Straße übereinander gestapelte Terrassen mit Abertausenden von Stauden bedecken, liegen die gigantischen Felsen von Los Gigantes. Sehenswert!

Noch etwas weiter im Nordwesten, also sozusagen hinter den Bananen, liegt der bei deutschen Gästen sehr beliebte Ferienort Puerto de Santiago mit der hübsch gestalteten Playa de la Arena. Es ist ein Strand mit feinstem, schwarzen Sand, der mit dem satten Grün der Palmen kontrastiert wie auf einer fantasievoll gestalteten Fototapete. Puerto de Santiago geht über in den nächsten Ort: Los Gigantes, benannt nach fast 500 Meter hohen, wirklich gigantischen Felsen, die sich direkt hinter einem windgeschützten Urlauberstrand majestätisch aus dem Meer erheben. Die Gigantes sind nicht ohne; im Jahre 2009 kam es zu einem tragischen Unfall. Zwei Frauen wurden von Steinen erschlagen, die sich aus der Felswand gelöst hatten. Lange war der Strand gesperrt; doch nun sind die Felswände durch Stahlnetze, die wie ein riesiges Spinnennetz an ihnen kleben, gesichert.

Davor liegt der Jachthafen mit seinen weißen Booten. Am Ende der Hafenpromenade gibt es im Rincón de Antonio leckere Tapas; von der Decke des Gastraums hängen die herrlichen Pata-Negra-Schinken jener spanischen Edelschweine, die sich nur von Eicheln ernähren. Neuerdings macht Antonio auch in Vinothek.

Das Örtchen Vilaflor ist das höchst gelegene Dorf der Kanarischen Inseln, mit seinen 1.400 Metern sogar eins der höchsten Dörfer ganz Spaniens. Vilaflor ist Beschaulichkeit schlechthin, malerisch eingerahmt von einer lieblichen Terrassenlandschaft. An den Ortsheiligen San Pedro de Betancur erinnern gleich zwei Gotteshäuser: die weiße, Jahrhunderte alte Iglesia San Pedro Apóstol und gleich dahinter das mausgraue Santuario del Santo Hermano Pedro.

Oberhalb von Vilaflor an der Straße zum Teide stehen gleich zwei Rekordpinien. Direkt rechts neben dem ersten Aussichts-Parkplatz steht die dickste Pinie Teneriffas, El Pino Gordo mit einem stolzen Stamm von über drei Metern Durchmesser. Von schräg gegenüber beobachtet die höchste Pinie der Insel ihren dicken Freund aus fast 60 Metern Höhe.

Ausnehmend schön - jedenfalls beinahe

Eine ausnehmend schöne Wanderung mit einem kleinen Wermutstropfen ist die Tour von Vilaflor zur Mondlandschaft, der Paisaje Lunar. Der Weg aus dem Dorf ist nicht besonders gut ausgeschildert, doch in der Gaststätte am Hauptplatz von Vilaflor gibt es einen Plan (Wanderung PR TF 72), mit dem man sich ausgezeichnet zurechtfindet. Nach ein paar schönen Ausblicken auf das malerische Städtchen marschiert man bald auf einem felsgepflasterten Fred-Feuerstein-Weg mit Leitplanken aus Stein. Es ist ein Camino Real, ein echter Königsweg, auf dem schon die alten Guanchen unterwegs waren. Es geht durch Schluchten und Pinienwälder, vorbei an zwei Bauernhäuschen, einem fotogenen und einem zerfallenen.

Nach etwas mehr als sechs Kilometern hat man dann den Blick ins Tal auf die bleichen Tuffsteinkegel. Die seltsamen Gebilde könnten tatsächlich auf dem Mond stehen, wären sie nicht mittlerweile von Pinien eingerahmt. Oder macht der Mann im Mond auf Öko? Im Ernst: An der gesamten Südflanke des Teidemassivs werden Pinien seit vielen Jahren geschützt, um den Wasserhaushalt der Region zu regulieren. Der offizielle Weg führt nicht mehr in die Mondlandschaft hinein, sondern schlängelt sich am Rand der Schlucht entlang. Auch dieser kleine Wermutstropfen hat mit der Bewahrung der Natur zu tun. Die Schutzbehörde hatte nämlich festgestellt, dass zu viele irdische Gäste die außerirdische Landschaft beschädigen.

Die Wanderung dauert insgesamt etwa sieben Stunden; danach haben Sie sich eine Stärkung an einem schönen Ort verdient, zum Beispiel in der Casa Pana in Vilaflor, einem herzallerliebsten Restaurantchen in einem uralten Haus mit einer lauschigen Terrasse (Calle Los Castanos 7, nicht weit von der Plaza). Besser nicht montags wandern; dann hat die Casa Pana nämlich Ruhetag.

Heuschrecken in El Médano.

Heuschrecken in El Médano

El Médano liegt ganz in der Nähe des Flughafens Teneriffa Süd; das Städtchen ist hinter einem kegelförmigen Berg aus Vulkanasche in eine Bucht gekuschelt. Doch der stille Schein trügt; ausgerechnet hier fegen die heftigsten Winde der Insel über den Strand. El Médano ist das Surfer-Mekka der Insel und Austragungsort für internationale Meisterschaften. Bisweilen fallen so viele Surfer in die Bucht von El Médano ein, dass sie aussehen wie ein Heuschreckenschwarm, der gerade über den Strand herfällt; ein herrliches Spektakel vor dem Hintergrund einer Mondlandschaft mit dem ins Meer ragenden Felsen der Montaña Roja.

Direkt am Strand steht das Mittelklassehotel Playa Sur Tenerife; da können die Surfer morgens gleich vom Frühstück aufs Brett (Doppelzimmer um die 100 Euro). Im Ort selbst ist mir das auf Stelzen übers Wasser gebaute Hotel Médano aufgefallen; die in den 1960er Jahren erbaute Herberge ist so aus der Zeit gefallen, dass sie schon wieder cool ist (Doppelzimmer ca. 120 Euro). Neben dem Wind bietet das Städtchen El Médano ein eher traditionell spanisches Ambiente, ganz anders als die voll auf den Touristengeschmack abgestellte Kunstwelt einer Playa de las Américas.

Playa de la Tejita mit der
Montaña Roja im Hintergrund.

Playa de la Tejita mit der Montaña Roja im Hintergrund

Westlich von El Médano liegt am Fuße des erloschenen Vulkans der Montaña Roja die (noch) unbebaute Playa de la Tejita. Der Sand des weitläufigen Strandes ist samtweich wie in der Karibik. Er hat nur nicht die richtige Farbe; aber so ein Witwen-Grau hat ja auch was und kontrastiert geheimnisvoll zu dem rötlich schimmernden Felsen im Hintergrund. Damit betuchte Menschen dieses außergewöhnliche Panorama entspannt auf sich wirken lassen können, soll am westlichen Ende des Tejita-Strandes ein Luxushotel errichtet werden. Naturschützer protestieren; denn die knochentrockene Gegend um den Felsen der Montaña Roja ist ein geschütztes Dünenökosystem, das auch gerne von Zugvögeln aufgesucht wird.

Aber in so einem Feriengebiet wie Teneriffa stehen Hotelanlagen ja in gewisser Weise auch unter Artenschutz und dürfen sich vermehren. Noch ist der Streit um die Jungfräulichkeit des Tejita-Strandes nicht endgültig entschieden. Das Örtchen Arico Nuevo an der alten Straße von Los Cristianos nach Santa Cruz ist gar nicht neu, sondern ein herzallerliebstes, historisches Dorf mit weißen Häuschen und grünen Fensterläden – einfach malerisch. Und so wird es vermutlich noch lange Zeit bleiben. Denn Arico Nuevo throhnt auf einem langgestreckten, schmalen Felsvorsprung, und so ist das stimmungsvolle Ensemble nahezu perfekt vor störender, neuer Bebauung geschützt. Es gibt ein kleines Hotel und eine gemütliche Dorfkneipe gleich neben der fotogenen Uralt-Kirche.

Herzallerliebst – Arico Nuevo.

Herzallerliebst – Arico Nuevo

Die Pyramiden von Güímar in der Nähe von Candelaria sehen tatsächlich ein bisschen aus wie die Maya-Pyramiden in Zentralamerika, aber eben auch nur ein bisschen. Der norwegische Forscher Thor Heyerdahl und Archäologen der Universität von La Laguna hatten sie mit Unterstützung der Reederei-Familie Fred Olsen in den 1990er Jahren ausgegraben. Drumherum ist ein sehenswerter ethnobotanischer Park entstanden. Hier sind auch Nachbauten und Modelle der Binsenschiffe von Thor Heyerdahl ausgestellt, mit denen er im Stile der Inka und Maya die Ozeane dieser Welt durchquert hat.

Der Forscher wollte nachweisen, dass die alten Kulturen in Polynesien, Lateinamerika und Afrika schon lange vor Kolumbus miteinander in Kontakt standen. Die Pyramiden von Güímar haben ihm dabei nicht wirklich geholfen. Denn die stammen aus dem 19. Jahrhundert; wobei nach wie vor nicht klar ist, wer die denn da hingestellt hat; im Verdacht steht die manchen nicht ganz koscher erscheinende Loge der Freimaurer.

Auf jeden Fall gibt die Anlage interessante Einblicke in die nicht alltäglichen Forschungen Heyerdahls, einschließlich der geheimnisvollen Kultur der Osterinsel. Außerdem werden das Leben der alten Guanchen und die kanarische Botanik dargestellt. Abgerundet wird das Ganze durch einen Garten mit den giftigsten Pflanzen der Welt; für Freunde klassischer Miss Marple-Krimis hat man auch an Hinweise auf die Wirkungsweise der Pflanzen und die Geschichte berühmter Giftmischer gedacht.

Ein Schmuckstück für jede spanische Altstadt

Die Basilika von Candelaria würde als Schmuckstück in jede spanische Altstadt passen. Doch alt ist sie nicht wirklich; die elegante klassizistische Kirche stammt aus dem Jahre 1959, ein weiteres Meisterwerk des kanarischen Architekten José Enrique Marrero. Wenn man das Bauwerk von oberhalb der Stadt mit dem Meer im Hintergrund anschaut, stellt sich ein leichter Neuschwanstein-Effekt ein.

In der Kirche wohnt die Jungfrau von Candelaria, ihres Zeichens eine schwarze Madonna und Schutzpatronin des gesamten Archipels. Die »Oberjungfrau« heißt La Candelaria, weil sie eine Kerze (Candela) in der Hand hält. Sie war den auf Teneriffa lebenden Guanchen der Überlieferung nach schon vor der Ankunft der Spanier erschienen. Die eher kleinwüchsige Madonna steht heute im Hauptaltar der Basilika. Es ist allerdings nicht mehr die originale Figur; diese wurde im 19. Jahrhundert von einer Sturmflut samt der damaligen Kirche ins Meer gerissen.

Sturmflut in Candelaria.

Sturmflut in Candelaria

Tankstelle mit Stil an der Südautobahn.

Tankstelle mit Stil an der Südautobahn

 

Stürmische Tage gibt es in Candelaria auch heute noch. Dann schlagen haushohe Brecher mit Urgewalt gegen die Uferbefestigung vor der Basilika. Von der kleinen Grotte am Ufer hinter der Kirche betrachtet, verschwindet fast der gesamte Tempel in einer undurchdringlichen Wolke aus sprühender Gischt. Ein Naturschauspiel der Extraklasse; ein 3D-Katastrophenfilm könnte das nicht besser hinkriegen.

An der Uferpromenade vor der Basilika von Candelaria stehen neun riesige Skulpturen der Guanchen-Fürsten von Teneriffa. Ein halbes Jahrtausend nach ihrem Tod lassen sich die Insel-Kaziken stolz von den Feriengästen aufs Foto bannen.

Kuriositäten:

In Callao Salvaje etwas westlich von La Caleta stehen viereckige Plattenbauten auf den Felsen, wie in einer Massentourismus-Satire. Einer der Klötze trägt den coolen Namen Hard Rock Hotel.

Tankstelle mit Stil an der Südautobahn.

Miss Piggy's Traumpalast

Szenenwechsel – eine Kuriosität der Platinum-Klasse: Inmitten des Bananenlandes bei dem Örtchen San Juan beherrscht ein pinkfarbenes Betonungeheuer die Küste. Es ist das Abama Resort, eine Luxusanlage mit einem 18 Loch-Golfplatz, gleich zwei Restaurants mit Michelin-Sternen, einem Riesenpool mit Panoramablick und einem Privatstrand für die abgehobene Klientel, derweil bunte Silvesterkarpfen im hoteleigenen Teich ihre Bahnen ziehen. Man könnte den rosaroten getünchten Superluxus Miss Piggy’s Traumpalast nennen; doch es ist ein Ritz Carlton (Doppelzimmer ab 250 Euro in der Basisvariante).

 


Bilder und Text: Daniel A. Kempken; Redaktion: Peter Kensok



Teneriffa ist für Daniel A. Kempken die Lieblingsinsel unter den Kanaren. In seinem Buch »Schlaglichter Teneriffa« stellt er Reisetipps zusammen, die die Insel trotz Millionen Touristen zu einem Paradies für Entdecker werden lassen. Sein Beitrag auf Globalscout ist ein Kapitel aus seinem Buch, das Globalscout hier gerne wiedergibt. Eine Besprechung seines Teneriffa-Führers gibt es hier.



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