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Gern gesehen

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Andere Länder ...

Eine Frau aus Brasilien,
von den Fußknöcheln bis zum Hals in ihr Handtuch eingewickelt, schaut irritiert auf, als ein Mann die Sauna betritt: »Bei uns in Brasilien gibt es eigentlich keine gemischten Saunas.« »Seltsam«, antwortet der, »und ich dachte, ganz Brasilien sei eine gemischte Sauna.«

Wie Niederrhein mit Sonne

 

Daniel A. Kempken - Schlaglichter Uruguay

KEN. Daniel A. Kempken ist wieder da. Genau genommen: Wenn er schon mal weg ist, dann schreibt er auch einen neuen Titel. Dieses Mal sind es die »Schlaglichter Uruguay«. ...mehr



Ecuador - Galápagos - wie die Welt einmal war

Spanische Eroberer nannten sie die verzauberten Inseln, unwirtlich, geheimnisvoll und immer wieder in den undurchdringlichen Wolken verschwunden, die Galápagos so oft umgeben. Aus Vulkanen geboren und isoliert, lebensfeindlich und doch voller Lebewesen, die auf dem Archipel ihren Überlebensstil gefunden haben. Daniel A. Kempken berichtet von einem der geheimnisvollsten Orte auf seiner Reise nach Ecuador.


Auf Galápagos zeigt die Evolution, was sie kann, und so hat Darwin hier herausgefunden, wie die Arten entstehen und sich weiter entwickeln. Da der Mensch sich lange Zeit aus der Sache herausgehalten hat und auch sonst kaum feindliche Arten in Sicht waren, blieben auf Galápagos Tiere erhalten, die aussehen wie Komparsen aus einem Dinosaurierfilm.

Andere wie die flugunfähigen Kormorane, die Spottdrosseln oder die Darwin-Finken haben derweil ihre Flügel, Füße und Schnäbel zum Wohlgefallen des Begründers der Artenlehre variiert.

Anekdotische Wahrheiten aus einer Welt seltener Tiere

So ist eine Reise nach Galápagos nicht nur ein unvergessliches Erlebnis, es ist eine einzigartige Reise in die Welt seltener und seltsamer Tiere, in die Welt der Evolution und in die Welt der Verhaltensforschung.

Die putzigen Blaufußtölpel schwingen gern das Tanzbein. Am Äquator ist Damenwahl, und die größten Chancen haben Herren mit bühnenreifen Tanzvogelschritten auf kräftig blauen Füßen; manche Damen allerdings schauen auch auf die Haltung von Schnabel und Flügelspitzen.

Nun tauchte auf der Insel Seymour Norte vor nicht langer Zeit ein Tölpel-Herr mit grünen Füßen auf, kräftig grün wie der ausschreitende Ampelmann. Ein Trendsetter? Bisher hat sich noch keine Tölpelin in ihn verliebt. Es könnte sich um vorübergehendes Pech oder um einen untauglichen Versuch der Evolution handeln. Die Wissenschaft bleibt dran.


Ein Besuch auf Galápagos ist eine Erfahrung - fast wie zur Zeit Darwins.

Wie zur Zeit Charles Darwins ist eine Reise nach Galápagos noch immer ein großes Abenteuer.

Albatros-Pärchen bleiben monogam.

Ungestört verliebt es sich besser: Monogame Albatrosse am Rande der Welt wie vor Tausenden von Jahren.

 

Auf der Vogelinsel Genovesa sind rote Füße bei den Tölpeln sehr »in«. Ganz anders als bei den sinnlichen Blaufüßlern ist diese Schönheit rein und unschuldig; die Füße der Rotfußtölpel haben nämlich überhaupt nichts mit Sex zu tun. Wieder anders ist es bei den schicken Gabelschwanzmöwen im grauen Federkleid. Sie haben große Freude daran, ihre eigenen Füße zu betrachten; auch hier rätselt die Wissenschaft noch, warum dies wohl so ist.

Nasse Flossen stören beim Sonnenbad

An den Stränden von Galápagos liegen ganze Kolonien von antriebsarmen Seelöwen. Sie grunzen missvergnügt, wenn die Flut über ihre Flossen spült. Nasse Flossen stören beim Sonnenbad. Also robben sie ein Stückchen weiter nach oben, wo der Sand noch trocken ist. Dann wird weiter gedöst, als hätte man im Staat der Seelöwen tausend Jahre tropischen Sozialismus hinter sich. Dabei sind die fotogenen Gesellen durchaus in der Lage, bis zu vierzig Meilen am Tag zu schwimmen - und wenn der Fischfang schlecht läuft, dann tun sie es auch. Es gibt auch Republikflüchtlinge unter den Seelöwen; sie schwimmen zu einer anderen Insel, finden in der Regel aber dort ähnliche politische Verhältnisse vor.


Am Strand robbt es sich am besten.

Seelöwen am Strand. Wenn sie das Wasser Leid sind, baden sie eben in der Sonne weiter.

Fregattvogel mit mächtigem Kehlsack.

Sexy ist relativ - auch in der Tierwelt. Fregattvogelweibchen stehen auf farbenfrohe Kehlsäcke.

 

Die Fregattvögel sind beim übrigen Federvieh nicht besonders beliebt. Denn sie haben niemals gelernt, sich ihren Lebensunterhalt auf ehrliche Weise zu verdienen, mit anderen Worten sind sie nicht in der Lage, sich selbst einen Fisch zu fangen.

So haben sie sich darauf verlegt, anderen Vögeln die Beute abzujagen. Die Piraten der Lüfte sind so rabiat, dass manch angegriffener Vogel vor lauter Schreck abstürzt und sein Leben lässt. In der Liebe kommt es bei den Fregattvögeln auf einen knallroten und prallen Kehlsack an. Geschmackssache, ähnlich wie Lippenteller, Nasenring oder Arschgeweih - den Fregattvögelinnen jedenfalls gefällt das etwas unförmige Teil.

Blutsaugende Vampirfinken und zugereiste Landleguane

Böse Vampirfinken rotten sich zu kriminellen Vereinigungen zusammen, deren Ziel es ist, anderen Lebewesen das Blut auszusaugen. Die aggressiven Verbände können sogar Menschen gefährlich werden. Die Landleguane auf der Insel Seymour Norte sind Immigranten. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden sie aus Baltra von einem amerikanischen Wissenschaftler in ihre neue Heimat geschleust. Die Leguane mit dem gelben Kopf sind dem Gringo sehr dankbar; denn nur kurze Zeit später errichteten Landsleute des Wissenschaftlers auf Baltra einen Militärstützpunkt. Dadurch wurde die Insel sehr uncool - jedenfalls für einen Leguan.

Auch der Homo Sapiens ist ein Immigrant. Erst im 19. Jahrhundert haben sich dauerhaft fortpflanzungsfähige Gruppen auf den Galápagos-Inseln niedergelassen. Doch seit Mitte des letzten Jahrhunderts vermehren die Menschen sich rasant. Aktuell leben knapp 30.000 Leute auf dem Archipel; damit stellen sie nach den Meerechsen und den Rotfußtölpeln die drittgrößte Population der Inselgruppe dar. Zudem benutzen die Menschen Flugzeuge. Dadurch gelangen mehr als 150.000 Touristen pro Jahr auf die Inseln; sie bleiben allerdings deutlich kürzer als andere Zugvögel wie beispielsweise die Albatrosse.

Die Lebensgewohnheiten der Menschen unterscheiden sich signifikant von denen anderer Säuger. Durch ihren hohen Ressourcenverbrauch sind die Menschen eine große Herausforderung für das ökologische Gleichgewicht auf Galápagos - und auf dem Planeten Erde sowieso. So bleibt abzuwarten, was die Evolution mit uns noch alles vorhat. Sollte es etwa so sein, dass sich die Gehirne des Homo Sapiens zurückbilden und dass sich stattdessen so praktische Schwimmflossen wie bei den Seelöwen herausbilden? Dies jedenfalls prognostiziert der Schriftsteller Kurt Vonnegut in seinem glänzenden Satireroman »Galápagos«.

Finken als Helfer gegen lästige Zecken

Lavaechsen sind eher zwergenhaft im Wuchs: doch es sind listige Tierchen, die eine verblüffende Winwin-Nummer drauf haben. Werden sie nämlich von einem feindlichen Tier wie einer Schlange angegriffen, dann werfen sie blitzschnell ihren Schwanz ab. Der zuckt dann noch eine Weile weiter und wird von der unbedarften Schlange mit Genuss verzehrt. Die Echse selbst lebt weiter. Sie lässt ihren Schwanz mit Darwins zuverlässiger Hilfe nachwachsen, und alle sind zufrieden. Was den einen plagt, ist des anderen Labsal. In diesem Sinne gehen - auch ganz im Sinne von Darwin - Leguan und Fink eine Art Zweckgemeinschaft ein, genau genommen ist es ein Vertrag zulasten Dritter, nämlich der Zecken. Wenn es den Leguan allzu sehr juckt, begibt er sich in eine Art Liegestütz. Der Fink flattert herbei und pickt ihm die leckeren Quälgeister aus den Schuppen.


Ein stolzer Albatros - schön auf seine Weise.

Albatrosse sind besonders elegante Flieger, beim Starten und Landen dagegen eher plump.

Meerechsen haben auf Galápagos keine wirklichen Feinde.

Meerechsen nehmen es gerne gelassen und sind friedliche Algenfresser ohne wirkliche Feinde.

 

Das häufigste Galápagos-Tier ist die friedfertige Meerechse. Es sind Algen müffelnde, ruhige Vertreter ohne wirkliche Feinde. Wie vorgeschichtliche, kleine Ungeheuer, die auf irgendeiner Entwicklungsstufe der Friedensbewegung beigetreten sind, sitzen sie oft stundenlang und regungslos auf den tief schwarzen Lavafelsen. Wenn es nicht eh so viele Meerechsen gäbe, könnte man sie glatt durch handelsübliche Gummimonster ersetzen - wahrscheinlich würde es niemand merken. Die ursprünglich polygamen Bussarde leben auf der Insel Española so strikt monogam, dass der Papst seine helle Freude an ihnen hätte. Doch sie tun es nicht aus moralischen Gründen. Die klugen Vögel haben vielmehr erkannt, dass sie bei der Nahrungsmittelknappheit auf Española nicht so viele hungrige Mäuler stopfen können. So hat ihnen die Evolution eine Strategie beschert, auf die die Menschen noch nicht gekommen sind - bei uns werden ja gerade in armen Gegenden die meisten Kinder geboren.

Albatrosse - stolz und monogam

Auch die stolzen Albatrosse sind monogam. Sie sind jedoch äußerst moralische Vögel, bei denen die Treue aus innerer Überzeugung kommt. Wenn Albatrosse sich einmal verliebt haben, bleiben sie ein Leben lang zusammen. Dabei gewähren sie sich große persönliche Freiheiten. Einmal im Jahr gibt es einen dreimonatigen Urlaub von der Ehe. In der fischarmen Zeit fliegen sie getrennt gen Süden, wo der Fisch reich und lecker ist. Und im nächsten Jahr auf Española wird gut erholt Wiedersehen gefeiert. Die Albatrosse erkennen sich allerdings erst beim Liebesspiel wieder. Deshalb gibt es kurz nach Ankunft in Española eine Reihe von Fehlkopulationen, entsprechend viel Theater und Geschrei, vielleicht sogar das eine oder andere gebrochene Albatrosherz.

Kurz vor Schluss noch einmal Vorhang auf für den Homo Sapiens aus der Präcomputerwelt: Um 1930 betraten drei Kleingruppen die Insel Floreana. Heinz Wittmer, der ehemalige Sekretär des späteren Bundeskanzlers Adenauer, wollte mit seiner Familie ein bürgerliches Leben in einer Höhle führen. Der zahnlose Zahnarzt Dr. Ritter wollte die Philosophie von Friedrich Nietzsche perfektionieren und teilte sich mit seiner ebenfalls zahnlosen Lebensgefährtin ein Stahlgebiss. Die schicke Baronin Eloise von Wagner kam mit gleich drei Liebhabern und wollte auf der kargen Insel ein Luxushotel eröffnen. Obwohl alle Beteiligten Deutsch sprachen, kam es zu heftigsten, innerartlichen Auseinandersetzungen, die schließlich in mysteriösen Todesfällen gipfelten.

Die Baronin und einer ihrer Liebhaber verschwanden spurlos auf Nimmerwiedersehen, der vertrocknete Leichnam eines ihrer Liebhaber wurde wenig später auf der Insel Marchena aufgefunden, und der bekennende Vegetarier Dr. Ritter verendete an einer Fleischvergiftung. Bis heute gilt: Aktenzeichen XY-Floreana ungelöst.

Die Riesenschildkröten tragen derweil schwer an der Last ihrer Panzer und der Schicksalsschläge, die die Menschen ihnen beschert haben. In früheren Jahrhunderten haben nämlich skrupellose Seeleute die Fähigkeit der gepanzerten Tiere, ein ganzes Jahr ohne Nahrung zu überleben, auf brutalste Weise ausgenutzt. Sie haben die hilflosen Geschöpfe auf den Rücken geworfen und als lebendige Frischfleischlieferanten mit auf ihre Reisen genommen. Wer bis heute überlebt hat und nun unter dem Schutz des Nationalparks steht, betört Besucher und Besucherinnen mit einem wahrhaft prähistorischen Gesichtsausdruck, fern vom Schönheitsideal moderner Tiere - und herzzerreißend wie E.T.

Und wenn sie alle nicht gestorben sind, dann geht die Entstehung der Arten weiter. Nur Lonesome George, der Schildkrötenstar auf der Charles Darwin Station in Puerto Ayora hat wirklich schlechte Karten. Denn er ist der letzte seiner Art - und mit anders gearteten Schildkröten fremdgehen, das will er auch nicht.


Bilder und Text: Daniel A. Kempken; Redaktion: Peter Kensok



Für Daniel A. Kempken war Galápagos ein Abstecher im Rahmen einer mehrmonatigen Reise, die er in seinem Buch »Schlaglichter Ecuador 2010« mit zahlreichen Reisetipps zusammengefasst hat. Sein Beitrag  ist ein Kapitel aus seinem Buch, dass Globalscout gerne hier wiedergibt. Eine Besprechung seines Ecuador-Buchs gibt es hier.



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