SympathieMagazin
Italien verstehen
Wir Deutschen scheinen uns gut auszukennen in »Bella Italia«. Wir gehen in den Dolomiten wandern, genießen die toskanische Landschaft, bevölkern die Strände von Rimini bis Sizilien, bestaunen die Uffizien in Florenz, die Fresken in Pompeji oder den schiefen Turm von Pisa und lustwandeln durch Venedig.
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Doch wer wirklich verstehen will, wie Italien zwischen Südtirol und Sizilien »tickt«, muss einen Blick abseits der Kirchen, Palazzi und Naturschönheiten wagen.
Eine Nation trotzt der Krise
In der Neuauflage des SympathieMagazins »Italien verstehen« versuchen italienische und deutsche Autorinnen und Autoren Einblicke in Bereiche von Gesellschaft und Alltag des Apenninen-Staates zu vermitteln – auch in seine Probleme. Davon hat Italien derzeit mehr als genug: Rezession, Staatsschulden und Arbeitslosigkeit in Rekordhöhe, ein reformbedürftiges Bildungssystem.
Das ökonomische Rückgrat Italiens ist massiv in Mitleidenschaft gezogen – insbesondere kleine und mittlere Familienbetriebe mussten aufgeben. Jobs in Industrie, Dienstleistung und Landwirtschaft gingen massenhaft verloren. Die Folge: Eine wachsende Zahl von Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz und Arbeit verlässt das Land. Wirtschafts- und Finanzkrise haben Italien gehörig durchgeschüttelt.
Wie schafft es gerade die junge Generation der Krise zu trotzen? Eindrucksvoll zeigt sich der Mut engagierter Unternehmer, die sich mit unverwechselbaren Qualitätsprodukten auf dem Weltmarkt behaupten. Denn wer weiß schon, dass weltweit jede zweite Brille von einer Firma aus der Provinz Belluno kommt? Und dass der Weltmarktführer hochwertiger Cashmere-Mode in einem umbrischen Bergdorf sitzt? Branchen wie Mode, Nahrungsmittel oder Maschinenbau erholen sich derzeit. Italien scheint langsam wieder zu sich selbst zu finden.
Dass die Wirtschaft auch ohne Mafia funktionieren kann, beweist das Projekt »Addio pizzo«. In Palermo haben sich Geschäftsleute zusam-mengeschlossen und ihre Betriebe zur mafiafreien Zone erklärt. Auch das Selbstverständnis der Frauen hat sich geändert, sie tragen viel zum neuen Unternehmergeist und zur Kreativität Italiens bei.
Unvermeidlich, dass in einer Italien-Ausgabe Essen und Trinken gleich mehrere Beiträge durchziehen. So passt es denn auch bestens, dass sich als Magazinbotschafter Heinz Beck vorstellt, ein deutscher Drei-Sterne-Koch im »La Pergola« in Rom und derzeit auf Platz zwei des italienischen Köche-Rankings. Dabei schätzt er die bodenständige Küche: »Ein Teller Pasta ist etwas Einfaches und doch ein Gericht voller Liebe, das die Freude des Beisammenseins beansprucht, die Freude daran, etwas miteinander zu teilen.«
Und Claudio Magris, Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, Weltreisender aus der Grenzstadt Triest denkt über verschwundene und bestehende Grenzen nach – etwa die zwischen Europa und Afrika. In den vergangenen Jahren hat kaum ein anderes Thema die öffentlichen Diskussionen so geprägt. Was soll mit den Flüchtlingen, die in Lampedusa stranden, geschehen? Welche Ver-antwortung will der Staat übernehmen, und wie steht die Bevölkerung dazu? »Ich sehe in Italien, aber auch in Europa neue, nicht nur soziale, sondern auch ethnische Grenzen.« Man dürfe nicht zulassen, so Magris, dass ideologische Mauern entstehen und legt ein Bekenntnis ab: »Ich glaube, dass die einzige Zukunft Italiens eine europäische Zukunft ist«.
Text: Stephanie Arns