SympathieMagazin
Mexiko verstehen
Der mexikanische Schriftsteller Carlos Fuentes sagt über sein Land, man könne es nicht beschreiben, an Mexiko müsse man glauben, gemischt mit Wut, Leidenschaft, Enttäuschung. In Mexiko ist eben vieles anders, als es auf den ersten Blick erscheint.
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Mexiko zählt mittlerweile zu den weltweit wichtigsten Volkswirtschaften, doch auf dem Weg zur Industrienation ist einiges auf der Strecke geblieben: Das Land leidet unter sozialen Verwerfungen, Politik und Justiz sind von mafiösen Strukturen unterwandert, die natürlichen Ressourcen werden rücksichtslos ausgebeutet.
Warum es sich lohnt, an dieses Land zu glauben
»Mexiko ist ein Land, das immer einen Schritt vor dem Abgrund zu tanzen scheint«, sagt Sandra Weiss, Redakteurin der neuen Ausgabe des SympathieMagazins »Mexiko verstehen«, die seit 1999 dort lebt. Sie schätzt jedoch »die unverwechselbare Art der Mexikaner, Problemen mit der richtigen Mischung aus Wut und Zuversicht zu begegnen«. So berichten die Autoren und Autorinnen dieser Ausgabe über mutige Bürger, die gegen Diskriminierung, Korruption und organisierte Kriminalität ihre Stimme erheben – weil sie an ihr Land glauben.
Der mexikanische Journalist Hans-Maximo Musielik etwa begleitet eine Mutter und einen Arzt, die gegen die Schutzgelderpressungen und Entführungen des Drogenkartells »Tempelritter« selbst zu den Waffen griffen und eine Bürgerwehr bildeten.
Santos de la Cruz Castillo berichtet über den erfolgreichen Kampf der Wixarika-Indigenas gegen Goldminen in der Wüste Sierra Madre, ihrem heiligen Land. Und Gabriela Martínez beschreibt ihr Tijuana: die einst verrufene Grenzstadt im Norden Mexikos, die heute zu den kulturell spannendsten Städten des Landes zählt. Die Dinge, so lernt man, können sich manchmal auch zum Guten wenden.
Die Autoren nehmen die Leser mit durch ein kontrastreiches Land, von der betriebsamen Hauptstadt, einer Megalopolis, die immer am Rande der Apokalypse zu leben scheint, aufs Land mit seinem ganz eigenen Takt, zu Bauer Liborio, der keine Uhr braucht, weil er im Rhythmus der Natur lebt.
Sie nehmen ihre Leser mit zu den Naturschätzen und alten Kultstätten der Maya, zu den bunten Märkten, die schon in der Aztekenzeit berühmt waren und zu den deutschen Kaffeebaronen in Chiapas, die 1896 nach Mexiko kamen. Auch die Magazinbotschafterin Elena Poniatowska ist eingewandert, sie kam nach dem Zweiten Weltkrieg als Flüchtlingskind aus Frankreich – und ist heute eine Ikone der mexikanischen Literatur.
Wird der »Aufsteiger« Mexiko seine Rolle in der Welt finden? Das Land, das engste Wirtschaftsbeziehungen zu den USA pflegt und kulturell doch Lateinamerika zugehörig ist. Der Politikwissenschaftler Günther Maihold analysiert die außenpolitische Situation, auch im Hinblick auf das 20-jährige Bestehen des Freihandelsabkommen NAFTA. Jorge Castañeda Gutman, einer der bekanntesten mexikanischen Intellektuellen und Politiker fordert einen echten innenpolitischen Wandel – hin zu mehr Demokratie, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit. Die Reformen unter Staatspräsident Enrique Peña Nieto seien bislang zu halbherzig gewesen.
Jenseits der Politik feiern die Mexikaner indes ihre Feste – die traditionellen Familienessen, das Indigena-Festival Guelagetza und das Totenfest, das bunt und fröhlich ist, »weil wir dabei eigentlich dem Leben huldigen«, wie Nationaldichter Octavio Paz erklärt. Und weil die Liebe zum Leben auch durch den Magen geht, darf die Kulinarik nicht zu kurz kommen. Mexiko hat der Welt nicht nur die Tomate und den Kakao geschenkt, sondern auch den Tequila, der inzwischen ein Exportschlager ist. Richtige Mexikaner trinken ihn übrigens immer pur. Salud!
Text: Stephanie Arns